Die Anfangsjahre der Weimarer Republik sind
gekennzeichnet von großer materieller Not, vor allem
Massenarbeitslosigkeit und extremer Wohnungsnot. “Der Mangel
an Wohnungen war nach dem Krieg von der gleichen politischen
Brisanz wie die Erwerbslosigkeit” [314]
Große Teile der Bevölkerung sind nach dem ersten Weltkrieg
verarmt oder von Verarmung bedroht. Die politischen Verhältnisse
während dieser ‘revolutionären Nachkriegskrise’ sind
instabil.
Von 1924 bis 1928 folgt eine Periode der relativen Stabilisierung
des Kapitalismus. In dieser Zeit fließt massiv ausländisches
Kapital nach Deutschland, durch das ein kurzzeitiger
wirtschaftlicher Aufschwung ausgelöst wird. Die
Lebensverhältnisse für ArbeiterInnen und kleine Angestellte
haben 1928 in etwa das Vorkriegsniveau erreicht. Auch auf dem
Wohnungsmarkt ist der Aufschwung zu spüren.
Ab 1929 beginnt die große Weltwirtschaftskrise, die eine bis zu
diesem Zeitpunkt nicht gekannte Massenarbeitslosigkeit auslöst.
Auch die Wohnungsnot nimmt in den Jahren 1929 bis 1932 erneut
dramatische Formen an. Vor allem die wirtschaftliche und
politische Krise sowie die Unterstützung der NSDAP durch
einflußreiche Kreise aus Banken und Großindustrie führen am
30. Januar 1933 zur Machtübernahme durch die
Nationalsozialisten.
“Das Dauerproblem ‘Wohnungsnot’ war für alle deutschen
Gemeinden zur vorrangigen Nachkriegsaufgabe geworden .”[315] Viele PolitikerInnen sehen
in dem ‘Übel’ der Wohnungsnot “ ausschließlich eine
deutsche Not, begründet durch die Niederlage und ihre Folgen ”[316] Das Wohnungsproblem ist
jedoch nicht in erster Linie eine Folgeerscheinung des
Weltkrieges, da “ dieses Problem bereits viel länger
bestanden [hatte].”[317]
Der Wohnungsbau hatte schon vor 1914 mit “ der rapiden
industriellen Entwicklung Deutschlands (...) nicht Schritt
gehalten. ”[318]
Weil viele Arbeitslose, kleine HändlerInnen, RentnerInnen und
andere ihre Mieten nicht mehr zahlen können, werden sie
zwangsgeräumt und müssen für sich und ihre Familien nach einer
Notbehausung Ausschau halten. Die Arbeits- und Wohnungslosen
kommen bei Verwandten unter oder in Hinterhofbaracken, sie hausen
in Zelten und Lauben in Kleingartensiedlungen. Mehrgeschossige
Häuser werden oft um provisorische, mangelhafte Bauten
aufgestockt und Baulücken durch wackelige Notunterkünfte aus
Holz und Plane ‘geschlossen’.
Die Stadt Düsseldorf gründet 1918 zur Bekämpfung der
Wohnungsnot das Wohnungsamt. Um die große Zahl der Obdachlosen
unterzubringen richtet die Stadt Notunterkünfte in Kasernen und
auf Dachböden ein. Diese Maßnahmen reichen jedoch bei weitem
nicht aus, um die mehr als 10.000 Haushalte ohne eigene Wohnung
unterzubringen.
Mit der Geldwertstabilisierung Mitte der zwanziger Jahre kommt es
zu ersten privaten und genossInnenschaftlichen Wohnungsneubauten.
Am Ende der zwanziger Jahre baut auch die Stadt Düsseldorf mit
großen finanziellem Aufwand zahlreiche Wohnungen. Mit diesem
umfangreichen Bauprogramm will man die Wohnungsnot ‘ein für
alle Mal’ beseitigen.
Die Weltwirtschaftskrise beendet jedoch schon bald diese
ehrgeizigen Pläne.
Vielen Wohnungslosen bleibt keine andere Möglichkeit, als an den
Rand der Stadt zu ziehen und sich dort eine bescheidene Existenz
in ‘wilden Siedlungen’ aufzubauen.
[314] Weidenhaupt, H., Düsseldorf-Geschichte, Band 3, S.272.
[315] Jachmann, H., Düsseldorf in der Weltwirtschaftskrise,
S. 205.
[316]Ebenda, S. 208.
[317]Ebenda, S. 205, vgl. auch Weidenhaupt, H.,
Düsseldorf-Geschichte, Band 3, S. 126 ff.
[318]Jachmann, H., Düsseldorf in der Weltwirtschaftskrise,
S. 205.