2.4 Zusammenfassung und Fazit der Wiederaufbauphase in Düsseldorf

Große Teile der Stadt Düsseldorf waren nach dem 2. Weltkrieg zerstört. Wie schon nach dem 1. Weltkrieg hat man auch diesmal wieder mit großen Anstrengungen versucht bald möglichst die durch den Krieg entstandenen Schäden zu beseitigen. Schon frühzeitig stellte man fest, daß dieser Wiederaufbau, der in vielen Teilen einem Neuaufbau gleichkam, umfassend geplant werden müsse. Zu diesem Zweck wurde Friedrich Tamms eingestellt, der im Dritten Reich unter anderem beim Autobahnbau in verantwortlichen Positionen tätig war. “ Diese Stadt bot ihm, was er suchte - eine Aufgabe. [498] Der Stadtrat und die Stadtverwaltung unterstützten die Tammschen Vorschläge. Durch große Nord-Süd- bzw. Ost-West-Achsen erhielt die Stadt weitestgehend ihre heutige Struktur.
Tamms wollte Düsseldorf, ‘ diesen veralteten Wirtschaftsbetrieb’, ‘moder-nisieren’. [499] Aus dieser Äußerung spricht nicht der Stadtplaner, der eine Stadt für die DüsseldorferInnen entwickelt, sondern jemand, der schon hier die Weichen für einen ‘Wirtschaftsbetrieb Düsseldorf’ stellt. Daß die BürgerInnen , die BewohnerInnen der Stadt, nie in seinem Interesse lagen, wurde schon am 5. Mai 1948 - Tamms war gerade im Amt - in einem Schreiben an den Haus- und Grundbesitzerverein deutlich, in dem es heißt: “ Es ist vollkommen irrig, die Planung als eine ‘Einrichtung zur Verbesserung des Stadtbildes’ anzusehen” [500]
Bei Betrachtung der ‘Tammschen Errungenschaften’, die Mitursache für das Verkehrschaos innerhalb der Stadt sind, und unter Berücksichtigung der Äußerungen Tamms, bekommen Einschätzungen der Wiederaufbauphase, wie
‘die 2. Stadtzerstörung’ oder ‘wo Bomben versagt hatten, vollendeten Abbruchhämmer das Werk’ ihre Berechtigung.
Die Tatsache, daß bis auf wenige Ausnahmen die Planungen Tamms protestlos umgesetzt werden konnten, läßt sich eher damit erklären, daß viele DüsseldorferInnen mit großem Eifer den Wiederaufbau betrieben und nach und nach die Erfolge vor Augen hatten als mit der Annahme, daß diese Vorstellungen allgemein begrüßt wurden.
Eine der dringlichsten Aufgaben nach dem 2. Weltkrieg war der Wohnungsbau. Bei der stark zunehmenden Anzahl der EinwohnerInnen Düsseldorfs und den großen Wohnraumzerstörungen wurden bis 1961 jährlich rund 10.000 Wohnungen wieder- oder neugebaut. In den 60er Jahren sank diese Zahl dann auf ca. 5.000 Wohnungen jährlich. [501] Diese Bautätigkeiten bedurften enormer Anstrengungen sowohl von der Verwaltung als auch in besonderem Maße der ganzen Bevölkerung.
Unter den Vorgaben der Vorkriegszeit [502] hätte schon jede Düsseldorferin und jeder Düsseldorfer bereits in den 50er Jahren einen Wohnraum zur Verfügung gehabt. Doch nach dem Krieg mußte mit anderen Vorgaben gerechnet werden. So stieg einerseits die EinwohnerInnenzahl Düsseldorfs stärker als erwartet und andererseits wuchs auch - durch größeren Komfort - die durchschnittliche Anzahl der Räume pro Person.
In dieser Zeit entstanden in Düsseldorf, wie auch in der ganzen Republik die so genannten 'Trabantenstädte’. Neue Stadtteile, die an der Peripherie geplant wurden, sollten Wohnstätte für Tausende von Menschen werden. So entstanden große anonyme Wohnsilos. Mit großen Ein- und Ausfallstraßen sowie Schnellbahnlinien sollte die Anbindung an die Stadt 'schmackhaft' gemacht werden. “ Die Großplanungen vom grünen Tisch für ganze neue Städte [und Stadtteile; d.V.] der Prosperitätsphase bis 1973 erwiesen sich in der Realisation vielfach als Trauma. Negativparadigma hierfür sind die Großsiedlungen, die Satellitenstädte der endsechziger Jahre. Große Träger, große Strukturen, Entmischung, Unveränderbarkeit, banale Architekturen der Serie, fehlende Differenzierungen zwischen öffentlichen und privaten Räumen, geringe Aneignungs- und Identifikationsmöglichkeiten - all dies erwies sich als kaum beherrschbar. 1989 kam dann in der BRD noch der ‘Republikanerschock’ (Hoffmann-Axtelm 1989). Ausgerechnet in einigen SPD-Modellvorhaben wie Gropiusstadt und Märkisches Viertel in Berlin war der Anteil rechtsradikaler Wähler am höchsten, Indiz für eine Zangenbewegung von sozialer Abstiegsangst und mangelnden Handlungs- und Erfahrungsmöglichkeiten in den ‘neuen Städten’. [503]


[498] Aus einer Festschrift zum 75. Geburtstags Tamms aus: Dipl. Ing Schwarz, U., Bericht zur Düsseldorfer Stadtentwicklungspolitik in: Die Grünen, Die Stadt - für wen?, S. 7.
[499] Friedrich Tamms am 5.5.1948 in: Überblick, 5/80, S. 46 ff.
[500] Ebenda, 46 ff.
[501] Vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf, Flächennutzungsplan - Entwurf, 2/1989, S. 41.
[502] Die durchschnittliche Anzahl an Räumen pro Person.
[503] Novy, K., Neue Wohnformen in der Stadt - Beitrag für ein Symposium der Grünen in Düsseldorf, in: Die Grünen, Die Stadt für wen?, S. 49.


Zur nächsten Seite

Zurück zum Inhaltsverzeichnis