Große Teile der Stadt Düsseldorf waren nach dem
2. Weltkrieg zerstört. Wie schon nach dem 1. Weltkrieg hat man
auch diesmal wieder mit großen Anstrengungen versucht bald
möglichst die durch den Krieg entstandenen Schäden zu
beseitigen. Schon frühzeitig stellte man fest, daß dieser
Wiederaufbau, der in vielen Teilen einem Neuaufbau gleichkam,
umfassend geplant werden müsse. Zu diesem Zweck wurde Friedrich
Tamms eingestellt, der im Dritten Reich unter anderem beim
Autobahnbau in verantwortlichen Positionen tätig war. “ Diese
Stadt bot ihm, was er suchte - eine Aufgabe. ”[498] Der Stadtrat und die
Stadtverwaltung unterstützten die Tammschen Vorschläge. Durch
große Nord-Süd- bzw. Ost-West-Achsen erhielt die Stadt
weitestgehend ihre heutige Struktur.
Tamms wollte Düsseldorf, ‘ diesen veralteten
Wirtschaftsbetrieb’, ‘moder-nisieren’. [499] Aus dieser Äußerung spricht nicht der
Stadtplaner, der eine Stadt für die DüsseldorferInnen
entwickelt, sondern jemand, der schon hier die Weichen für einen
‘Wirtschaftsbetrieb Düsseldorf’ stellt. Daß die
BürgerInnen , die BewohnerInnen der Stadt, nie in seinem
Interesse lagen, wurde schon am 5. Mai 1948 - Tamms war gerade im
Amt - in einem Schreiben an den Haus- und Grundbesitzerverein
deutlich, in dem es heißt: “ Es ist vollkommen irrig, die
Planung als eine ‘Einrichtung zur Verbesserung des Stadtbildes’
anzusehen” [500]
Bei Betrachtung der ‘Tammschen Errungenschaften’, die
Mitursache für das Verkehrschaos innerhalb der Stadt sind, und
unter Berücksichtigung der Äußerungen Tamms, bekommen
Einschätzungen der Wiederaufbauphase, wie
‘die 2. Stadtzerstörung’ oder ‘wo Bomben versagt hatten,
vollendeten Abbruchhämmer das Werk’ ihre Berechtigung.
Die Tatsache, daß bis auf wenige Ausnahmen die Planungen Tamms
protestlos umgesetzt werden konnten, läßt sich eher damit
erklären, daß viele DüsseldorferInnen mit großem Eifer den
Wiederaufbau betrieben und nach und nach die Erfolge vor Augen
hatten als mit der Annahme, daß diese Vorstellungen allgemein
begrüßt wurden.
Eine der dringlichsten Aufgaben nach dem 2. Weltkrieg war der
Wohnungsbau. Bei der stark zunehmenden Anzahl der EinwohnerInnen
Düsseldorfs und den großen Wohnraumzerstörungen wurden bis
1961 jährlich rund 10.000 Wohnungen wieder- oder neugebaut. In
den 60er Jahren sank diese Zahl dann auf ca. 5.000 Wohnungen
jährlich. [501] Diese
Bautätigkeiten bedurften enormer Anstrengungen sowohl von der
Verwaltung als auch in besonderem Maße der ganzen Bevölkerung.
Unter den Vorgaben der Vorkriegszeit [502] hätte schon jede Düsseldorferin und
jeder Düsseldorfer bereits in den 50er Jahren einen Wohnraum zur
Verfügung gehabt. Doch nach dem Krieg mußte mit anderen
Vorgaben gerechnet werden. So stieg einerseits die
EinwohnerInnenzahl Düsseldorfs stärker als erwartet und
andererseits wuchs auch - durch größeren Komfort - die
durchschnittliche Anzahl der Räume pro Person.
In dieser Zeit entstanden in Düsseldorf, wie auch in der ganzen
Republik die so genannten 'Trabantenstädte’. Neue Stadtteile,
die an der Peripherie geplant wurden, sollten Wohnstätte für
Tausende von Menschen werden. So entstanden große anonyme
Wohnsilos. Mit großen Ein- und Ausfallstraßen sowie
Schnellbahnlinien sollte die Anbindung an die Stadt 'schmackhaft'
gemacht werden. “ Die Großplanungen vom grünen Tisch für
ganze neue Städte [und Stadtteile; d.V.] der
Prosperitätsphase bis 1973 erwiesen sich in der Realisation
vielfach als Trauma. Negativparadigma hierfür sind die
Großsiedlungen, die Satellitenstädte der endsechziger Jahre.
Große Träger, große Strukturen, Entmischung,
Unveränderbarkeit, banale Architekturen der Serie, fehlende
Differenzierungen zwischen öffentlichen und privaten Räumen,
geringe Aneignungs- und Identifikationsmöglichkeiten - all dies
erwies sich als kaum beherrschbar. 1989 kam dann in der BRD noch
der ‘Republikanerschock’ (Hoffmann-Axtelm 1989). Ausgerechnet
in einigen SPD-Modellvorhaben wie Gropiusstadt und Märkisches
Viertel in Berlin war der Anteil rechtsradikaler Wähler am
höchsten, Indiz für eine Zangenbewegung von sozialer
Abstiegsangst und mangelnden Handlungs- und
Erfahrungsmöglichkeiten in den ‘neuen Städten’. ”[503]
[498] Aus einer Festschrift zum 75. Geburtstags Tamms aus:
Dipl. Ing Schwarz, U., Bericht zur Düsseldorfer
Stadtentwicklungspolitik in: Die Grünen, Die Stadt - für wen?,
S. 7.
[499] Friedrich Tamms am 5.5.1948 in: Überblick, 5/80, S. 46
ff.
[500] Ebenda, 46 ff.
[501] Vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf, Flächennutzungsplan
- Entwurf, 2/1989, S. 41.
[502] Die durchschnittliche Anzahl an Räumen pro Person.
[503] Novy, K., Neue Wohnformen in der Stadt - Beitrag für
ein Symposium der Grünen in Düsseldorf, in: Die Grünen, Die
Stadt für wen?, S. 49.